Oh Susanna, oh don’t you cry for me

SRG-Chefin Wille kündet mit viel Dramatik den Abbau von 900 Stellen an. Alles halb so wild. Susanne Wille, die SRG-Generaldirektorin, gab die dramatische Kampfparole aus. «Ich kämpfe weiter für eine starke SRG», verkündete sie. Ja, was denn sonst? Dafür ist sie angestellt.

weltwoche.ch, 26.11.2025

SRG-Chefin Wille kündet mit viel Dramatik den Abbau von 900 Stellen an. Alles halb so wild.

Susanne Wille, die SRG-Generaldirektorin, gab die dramatische Kampfparole aus. «Ich kämpfe weiter für eine starke SRG», verkündete sie. Ja, was denn sonst? Dafür ist sie angestellt.

Willes Kampfparole ertönte diese Woche, weil die SRG erstmals in ihrer Geschichte ein Unternehmen ist wie jedes andere auch. Erstmals muss die SRG Stellen abbauen, etwas, was in anderen Firmen längst zum Alltagsgeschäft gehört.

Eine Personalreduktion gab es bei der SRG noch nie. Allein seit dem Jahr 2000 hat sie 1300 Vollzeitstellen zugelegt, obschon das Programm mehr oder weniger dasselbe blieb.

Die weniger verwöhnten Kollegen von der Presse, die Sparrunden seit langem kennen, litten dennoch mit. «Sattes Sparprogramm» titelte der Tages-Anzeiger, «SRG streicht 900 Stellen». «Knall bei der SRG» titelte der Blick, «SRG streicht 900 Vollzeitstellen bis 2029».

900 Stellen weniger bis in vier Jahren? Das tönt auf den ersten Blick imposant. In Wirklichkeit ist es problemlos. Das geht wie von selbst. Susanne Wille braucht sich für den Abbau von 900 Jobs nicht gewaltig anzustrengen, das fällt ihr fast automatisch in den Schoss.

Zur Erklärung wenden wir uns einer zentralen Kennzahl der Personalplanung zu. Das ist die Brutto-Fluktuationsrate.

Die Brutto-Fluktuationsrate gibt an, wie viele Prozent der Mitarbeiter im Verlauf eines Jahres ihr Unternehmen verlassen. Bei der SRG gibt es nur zwei Gründe, warum Mitarbeiter gehen. Entweder sie kündigen von sich aus oder sie werden pensioniert.

Es braucht in der PR-Abwehrstrategie von TV und Radio darum dramatisch inszenierte Dauerpanik.

Die Brutto-Fluktuationsrate bei der SRG liegt im Durchschnitt der letzten Jahre bei 6 Prozent. Wenn man diese Abgänge nicht ersetzt, schrumpft also die Belegschaft jedes Jahr um diese 6 Prozent.

Machen wir die Rechnung. Ende 2024 zählte die SRG genau 5727 Vollzeitstellen. In Rundfunk der Deutschschweiz und der Westschweiz wurden dann kleinere Stellenreduktionen angekündigt. Wir können also davon ausgehen, dass die SRG Ende dieses Jahres rund 5650 Mitarbeiter hat.

Bei einer Brutto-Fluktuationsrate von 6 Prozent bleiben von diesen 5650 bis Ende 2026 noch 5300 Mitarbeiter, ohne dass man jemanden entlassen musste. Man muss bloss die offenen Stellen nicht extern neu besetzen. Ende 2027 sind es dann durch dieselben natürlichen Abgänge noch 5000 Mitarbeiter, Ende 2028 sind es etwas unter 4700 Mitarbeiter und Ende 2029 noch 4400 Mitarbeiter.

Durch freiwillige Kündigungen und Pensionierungen sinkt demnach der Personalbestand von heute 5650 Mitarbeitern bis ins Jahr 2029 auf 4400 Mitarbeiter, wenn das Management die offenen Stellen nicht wieder extern neu besetzt. Das gibt innert vier Jahren automatisch und ohne Stress ein Minus von 1250 SRG-Festangestellten.

Susanne Wille muss also nicht eine einzige Kündigung aussprechen, um bis ins Jahr 2029 ihren angekündigten Stellenabbau von 900 Köpfen umzusetzen. Sie kann im Gegenteil bis 2029 sogar 350 neue Leute einstellen, um funktionswichtige Abgänge der freiwilligen Kündigungen und Pensionierungen zu kompensieren.

Kurzum, der Abbau von 900 SRG-Stellen innert vier Jahren ist keine grosse Hexerei. Aber dennoch beklagt SRG-Chefin Wille natürlich ohne Pause, welch schreckliche und unumgängliche Welle an Entlassungen nun auf die gepeinigte SRG-Belegschaft zurolle.

Natürlich ist das Gejammer nur ein PR-Stunt. Wenn ich Susanne Wille jeweils weinen höre, dann muss ich immer an den famosen Song von Stephen Foster denken: «Oh, Susanna, oh don’t you cry for me.»

Am 8. März des nächsten Jahres kommt die Volksinitiative «200 Franken sind genug» zur Abstimmung. Sie will die jährliche Radio- und TV-Gebühr von den mittelfristig geplanten 300 Franken auf 200 Franken reduzieren. Das Budget der SRG würde dadurch um rund 40 Prozent schrumpfen.

Es braucht in der PR-Abwehrstrategie von TV und Radio darum dramatisch inszenierte Dauerpanik. Vor genau einem Jahr kündete SRG-Chefin Wille bereits mit viel Theaterdonner an, dass bei ihrer Anstalt rund tausend Stellen gestrichen würden. Nun verkündete sie exakt dieselbe Botschaft mit genauso viel Theaterdonner erneut.

Bis zum 8. März wird der panische Theaterdonner unablässig anhalten. Dann, endlich, ist der Donner wie der Blitz vorbei.

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